Die einzelnen Autor:innen der Erfahrungsberichte haben die Freiheit ihre Berichte frei zu verfassen. Daher können sie teilweise sehr explizit oder triggernd sein.
Transgender und Pan
Allgemein
Ich hab schon in meiner Kindheit und Jugend gemerkt, dass „etwas mit mir nicht stimmt“. Während die anderen Mädchen immer Prinzessinnen sein wollten, wollte ich lieber Pirat sein. Ich wollte ein wilder Kerl sein, keine Fee. Als die anderen Mädchen anfingen, sich zu schminken, hab ich lieber Fußball gespielt. Dieses „typisch mädchenhafte“ Verhalten während der Pubertät fand ich einfach nur lächerlich. Warum sollte ich weinen, wenn mich ein Junge nicht wollte? Ich verstand es nicht, versuchte aber, mich anzupassen, wenn auch mit wenig Erfolg. Für die Mädchen war ich immer zu wild, für die Jungs war ich ein Mädchen. Ich selbst hatte keine Ahnung mehr, was ich eigentlich bin. Ich wusste nur, ich bin anders.
Heute, gute 10 Jahre später, weiß ich, dass mit mir alles stimmt. Heute kann ich das, was ich fühle, einordnen: Ich bin ein Transmann und pansexuell. Bis zu diesem Moment war es ein sehr langer und sehr schwerer Weg.
Der Weg
Ich lebe seit gut einem halben Jahr vollständig als Mann, auch wenn ich noch pre-alles bin und auch die Namens- und Personenstandsänderung noch nicht durchhabe. Ich habe bereits vor über einem Jahr versucht, meinen Eltern zu sagen, dass ich transgender bin, habe mir damals allerdings einreden lassen, dass das nicht sein kann. Ja, die eigenen Eltern können einen unwahrscheinlich beeinflussen. Sowohl positiv als auch negativ.
Im Winter letzten Jahres traf ich dann auf eine gleichaltrige Transfrau. Das war dann der Klick-Moment. Ich habe sie gesehen und zu 100% gewusst, dass ich das auch bin (wenn auch anders herum 😊). Seit diesem Moment habe ich Stück für Stück meine Maske fallen lassen und den jungen Mann, der ich schon immer war, vollständig zum Leben erweckt. Als ich das erste Mal mit meinem neuen Namen und den richtigen Pronomen angesprochen wurde, hätte ich weinen können vor Glück. Als ich zu Hause die Sätze „Du zerstörst unsere Beziehung!“ und „Warum kannst du nicht Borderline haben? Das wäre besser.“ hörte, hätte ich weinen können vor Trauer. In solchen Situationen war ich schon oft kurz davor, zu der Statistik über LGBTQ+ Menschen, die sich umgebracht haben, zu gehören und ich habe mir auch überlegt, einfach wieder die Maske aufzusetzen. Ich habe mich gegen die Maske und für mich entschieden.
Konsequenzen
Es gab positive und negative Konsequenzen. Ich werde zuerst das Positive berichten. Meine psychischen Probleme haben unwahrscheinlich nachgelassen, so habe ich mich seit meinem Outing nicht mehr geschnitten, meine depressiven Phasen sind eindeutig weniger geworden und auch die Suizidgedanken und der Selbsthass allgemein gehen zurück. Ich habe wunder- und wertvolle Menschen kennengelernt, viele davon sind heute meine Freunde, einige meine „Familie“. Ich habe mich, der ich ein unwahrscheinlich schüchternes und verschlossenes Mädchen war, als einen offenen und vor allem glücklichen jungen Mann kennengelernt. Auch hat mein Umfeld – bis auf meine Familie – durchweg positiv reagiert.
Das Negative ist, dass meine Eltern mich vollständig fertig machen. Ich habe ja bereits oben zwei ihrer beliebten Sätze genannt. Es geht so weit, dass sie versuchen, mir mein Leben zu zerstören und mir den Tod wünschen.
Meine persönliche Konsequenz? Ich würde trotz der Situation mit meiner „alten“ Familie nichts an meinem Leben ändern wollen.
Was bedeutet pan?
Nein, pan sein bedeutet nicht, dass ich auf Pandas oder Pfannen (englisch pan = Pfanne) steh. Pan (in der Langform pansexuell) sein bedeutet, dass es mir egal ist, was für eine Geschlechtsidentität mein Gegenüber hat. Mann? Frau? Non-binary? Eine der vielen weiteren Identitäten? Mir (uns) völlig egal. Dein Charakter muss stimmen, denn das ist bei mir, bei allen Pansexuellen, das Wichtigste.